Arthritis, Lipome, Schmerzen in den Händen und Füßen, Sehstörungen…“und kein Arzt versteht mich!“

Die Patientin kam letzte Woche aus einer Universitätsstadt erstmals in meine Praxis nach Lübeck: etwa 40 Jahre alt, kräftig gebaut, ein  eher resoluter, robuster Typ, der nicht jammert und sich mit „Kleinigkeiten“ abfindet, ohne sich krank zu melden. Wer sie zu mir gebracht hatte, wusste ich. „Aber was hat Sie zu mir gebracht… Sie sehen doch eigentlich nicht so krank aus – oder?“

„Tja! Wo soll ich anfangen? – Eigentlich bin ich seit mehr als fünf Jahren nicht wirklich in Ordnung. Ich fühle mich wie eine alte Frau, immer müde, ich kann nicht mehr richtig gehen ohne Schmerzen in den Füßen, ich kann nicht mehr richtig anfassen ohne Schmerzen in beiden Händen und jetzt kann ich seit mehr als 2 Jahren auch nicht mehr richtig sehen. Immer ist irgendwas, was mich nervt und das Leben immer mehr zur Qual macht! Zum Beispiel auch diese blöden Lipome, die immer mehr und größer werden. Ich kann mich doch nicht dauernd operieren lassen. – Aber zu Ärzten gehe ich eigentlich schon länger nicht mehr. Helfen kann mir sowieso keiner und untersucht hat mich auch noch nie jemand richtig – außer dem Hormonspezialisten. Da wollten wir auch etwas wegen der Wechseljahre abklären lassen…“

Nach diesem Redeschwall und einer einzigen gezielten Frage meinerseits nach der Schuhgröße stand die Spontan-Diagnose zu mehr als 90 % fest – völlig ohne Untersuchung, ohne Labor, ohne Röntgen – einfach nur durch Zuhören und Deuten in bekannten, kybernetischen Zusammenhängen, die jeder Mediziner schon als Student gelernt hat!

Was haben die Ärzte in Klinik und Praxis mit dieser armen Patientin in den letzten Jahren gemacht, wenn sie doch wegen ihrer Schmerzen usw. gelegentlich vorstellig wurde?
Ihre langjährige Hausärztin, die bei den diffusen Beschwerden nicht helfen konnte oder wollte, hat sie nach ihrer Rückkehr von einer selbst finanzierten Ayurveda-Kur in Indien der Praxis verwiesen, „weil sie von derartigem Hokuspokus nichts hält – obwohl es mir danach eine Zeit lang deutlich besser ging!“

„Ich habe jetzt eine Ärztin in unserer Stadt, die mir vertraut! Wenn ich der sage, was ich habe, dann schreibt sie mir auch auf, was ich brauche!“

So hatte die Patientin wegen ihrer Schmerzen eine Rheumadiagnostik angeregt – ohne Ergebnis, kein Rheuma! So hatte sie um eine Gichtuntersuchung gebeten – ohne Befund! „Gicht habe ich auch nicht!“ Hände und Füße waren mehrfach geröntgt worden – mit allgemeinen Anzeichen einer „altersentsprechenden“ Arthrose-Entwicklung, nichts Akutes! Diverse Schmerzmittel brachten außer zusätzlichen Magen-Darmschmerzen keine Veränderungen im Schmerzprozess. Wegen ihrer „Altersbeschwerden“ hatte sie zuletzt die Hormonuntersuchungen angeregt, aber auch diese Ergebnisse waren „altersentsprechend“ unauffällig!

Da sie schon seit Kindertagen an einem sinubronchialen Syndrom litt – an einer chronischen Entzündung der Nasennebenhöhlen und wiederholten Lungeninfekten – wurde vor ca. 15 Jahren ihre Nasenscheidewand „begradigt“ und die Nasenmuscheln „etwas gekürzt, damit ich besser Luft holen kann!“ Das wurde zwischenzeitlich drei Mal wiederholt…

Dazu kann ich im Einverständnis mit dem inzwischen verstorbenen Prof. Georg Schlöndorff, HNO-Klinikchef in der Universität Aachen, nur sagen, dass all diese Operationen wie auch die ständigen Nasen-Nebenhöhenentzündungen vom chronisch gestörten Darm verursacht werden und KEINE Indikation für eine HNO-Operation sind!

Plötzlich lachte die Patientin spontan auf.

„Was ist los?“ fragte ich erstaunt. „Ihr schönes Schild da auf dem Schreibtisch! Das sollten einige meiner Mediziner wohl auch auf ihrem Schreibtisch haben – zur Selbsterkenntnis!“

Das angesprochene schöne Schild, aufgemacht wie ein Ortschild an Ihrem Ortseingang, hatte ich  nach einem hoT-Workshop in Lübeck von meine lieben Apothekerfreund Edwin zu Weihnachten geschenkt bekommen: „Oh Herr! Schmeiß Hirn vom Himmel!“

Was die Patientin nun als Erkrankung wirklich hat?

Das werden MRT- oder gezielte Röntgenaufnahmen des Schädels bzw. gezielte Laboruntersuchungen von Wachstumshormonen kurzfristig bestätigen: Einen Tumor der Hypophyse, der zur sogenannten Akromegalie führt – und den ein engagierter, aufmerksamer Endokrinologe, der bei der Anamneseerhebung richtig zuhören kann, gleich bei seiner Untersuchung ein- bzw. ausgeschlossen hätte…

Mehrere Symptome aus unterschiedlichen Fachgebieten können die fachärztlichen Kollegen heute offenbar intellektuell nicht mehr „unter einen Hut bringen“!

Jeder ist fixiert auf seine beschränkte Sicht der Medizin – und alle vergessen dabei das Ganze – den individuellen Patienten mit Händen, mit Füßen, mit Lipomen, mit seinen gestörten Augen, mit seiner allgemeinen Schwäche und Leistungsknick, mit der gewachsenen Schuhgröße…!

Alles nur Psychosomatik!

„Wer mit mehr als 3 Beschwerden in die Praxis kommt, ist sowieso ein Psycho!“ sagte ein renommierter Hamburger Berufsverbandsvorsitzender in großer Polit-Runde einer KV. Auf meinen Einwand, dass das in meiner Praxis eher die Regel mit 6-8-10 und mehr Symptomen sei, ging seine Antwort: „Sie haben als Naturheilkundler doch sowieso nur Psychos!“ im allgemeinen Gelächter der hochkarätigen Versammlung unter.

Psychosomatik schallt es bei Beschwerden an verschiedenen Organen und Orten im bzw. am Körper gern von Seiten „State oft the Art“-dressierter Mediziner aller Fachrichtungen in Klinik und Praxis!

Eigentlich gehörten dieser Art dressierte Affen in den Zoo – oder in die Psychosomatik?

Ihr Peter-Hansen Volkmann